Montag, 26. April 2010

Kennen Sie den Dunning-Kruger-Effekt?

Der von den Psychologen David Dunning und Justin Kruger 1999 erstmals beschriebene Effekt meint, dass inkompetente Menschen sich häufig selbst überschätzen und andere, kompetente unterschätzen oder gar abwerten. Ein nicht selten beobachtetes Phänomen, das manchen Zeitgenossen oft ratlos zurückläßt.

Was ist geschehen? Die Vermutung ist, dass inkompetente Menschen zum einen die Konfrontation mit ihrer Inkompetenz als äußerst kränkend erlebt haben und nach entlastenden Erklärungsmustern gesucht haben, um diese Kränkungen kompensieren zu können und zukünftig möglichst zu vermeiden. Ein beliebtes Muster ist, Anderen oder den "Umständen" die Schuld am eigenen Scheitern zuzuschieben. Folglich war man selbst nicht inkompetent sondern lediglich "Opfer". Diese Übernahme einer Opferhaltung, die sich dann als generelles Erklärungs- und Lösungsmuster auch hirnphysiologisch einbrennt, führt dann zu sog. inkompetenten Selbstüberschätzern.

Aus Coachsicht stellt sich nun die Frage, wie man mit solchen Klienten umgehen kann. Zugegebenermaßen nicht ganz leicht. Wenn wir aber konsequent in der wertschätzenden Haltung bleiben, stellt sich zum einen die Frage (an uns selbst), gibt es das überhaupt: inkompetente Menschen? Aus Sicht einer konsequent wertschätzenden Haltung nicht, denn
1. Wer definiert, was inkompetent ist?
2. Welche Fähigkeiten hat denn unser angeblich so inkompetenter Klient? Es ist eine schwere Last inkompetent zu sein, vorausgestezt wir akzeptieren "Inkompetenz" als Phänomen. Da ist es schon eine Leistung, dies zu kompensieren und nicht unter dieser Last zusammenzubrechen. Alle Achtung! Unser Klient hat sich also als durchaus erfolgreich erwiesen und kommt mit dem Muster halbwegs durch.

Selbstverständlich kann unsere Aufgabe nicht sein, dieses Muster zu bestätigen. Die Frage ist natürlich: welchen Auftrag haben wir vom Klienten? Irgend etwas muss ja suboptimal laufen, sonst säße er nicht bei uns. Das Muster ist rissig, vielleicht sollen wir es wiederherstellen helfen. Dass das nicht unser Job sein kann, ist wohl klar. Nun kommt das Schwierige: wir brauchen einen anderen Auftrag. Was könnte dem Klienten helfen auf Dauer keine solchen Reparaturaufgaben mehr zu haben? Denn natürlich wird die Rissigkeit der Fassade mit der Zeit schlimmer werden. Das könnte ein erster Ansatz sein. Wie erklärt er sich, dass das Muster nicht mehr funktioniert? Glaubt er, dass eine "Reparatur" auf Dauer halten wird? Vielleicht erkennt er, dass das Muster nicht mehr zu halten sein wird. Das macht natürlich Angst und wird womöglich auch Abwehr erzeugen. Deshalb ist hier ein Höchstmaß an Behutsamkeit, Wertschätzung, Wertschätzung und nochmals Wertschätzung gefragt. Eine schwierige Aufgabe.

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